Liebe Freund*innen,
liebe Mitstreiter*innen,
wir möchten gerne für alle Beteiligten und Interessierten einen kurzfristigen Termin zum Auswerten der ersten Prozesswoche anbieten. Hintergrund ist, dass wir auf die einzelnen vergangenen Tage zurückblicken wollen und darauf aufbauend eine Begleitung für die gesamte Prozessdauer (27 Verhandlungstage) besprechen wollen. Es geht hierbei nicht um eine Fortführung der Platzhalter–Aktion, diese bezog sich nur auf die erste Woche, da dann die Angehörigen in Lüneburg anwesend sind. Uns geht es nach einer ersten Bewertung des bisher Geschehenen um einen Ausblick, da wir gerne weiter den Prozess verfolgen, begleiten, besuchen wollen und uns dies – wie vielen anderen – nicht an jedem Prozesstag möglich ist. Der Termin ist auf den morgigen Donnerstag, 23.04.2015 um 19:30 Uhr im Infocafe Anna & Arthur (Katzenstraße 2) gesetzt. Er ist recht kurzfristig, da an anderen Tagen die Räume belegt sind bzw. wir selbst keine Zeit haben.
In diesem Zusammenhang möchten wir Euch nochmal auf eine Veranstaltung am kommenden Montag, 27.04.2015 in Uelzen hinweisen. Die Überlebenden von Auschwitz, Hedy Bohm und Eva Pusztai-Fahidi, die auch im Prozess in Lüneburg als Zeuginnen der Nebenklage aussagen werden, berichten auf einer Veranstaltung im Uelzener Rathaus um 19:00 Uhr über ihre Erfahrungen: http://www.uelzen-gegen-rechts.net
Dies ist sicherlich eine Möglichkeit, sich in einer anderen Atmosphäre als zuvor im Gericht mit dem Leben, der Geschichte und dem Anliegen der Überlebenden des Holocaust auseinander zu setzen.
Zum heutigen Prozesstag ist kurz gesagt, dass es keinen Stress mit Nazis gab, wir waren ca. 35 Wartende zu Beginn, der Wechsel an die Angehörigen hat gut geklappt und alle konnten am Prozessgeschehen teilhaben. Die Inhalte des heutigen Tages sind wesentlich schwieriger in knappen Worten zu vermitteln, da die Befragung des Angeklagten durch den Vorsitzenden Richter sowie die zwei weiteren Richter und den Staatsanwalt erfolgte. Die Art und Weise, wie sich der Angeklagte äußerte, welche herabwürdigenden Begriffe er ganz lapidar benutzte, in welcher emotionslosen und empathiefreien, regelrecht normalisierten und routinierten Art er über Grausamkeiten berichtete, machte es sehr schwer, die Aussagen des Angeklagten zu ertragen. Es hat die in den Medien verbreitete Meldung bzw. die von ihm selbst so geäußerte Aussage von Reue und Demut gegenüber den Opfern in keinster Weise entsprochen. Selbst als die Überlebende Eva Mozez Kor ihre Erklärung verlas, in der sie über ihr Schicksal in Auschwitz und das ihrer Familie sprach und den Angeklagten im Anschluss persönlich angesprochen hat, blieb er vollkommen reglos und emotionslos. Morgen geht es mit Erklärungen der Überlebenden weiter.
Wir freuen uns, wenn wir uns morgen früh oder auch morgen Abend sehen, treffen, sprechen. Solltet Ihr keine Zeit haben, aber den Prozess an einzelnen Tagen besuchen wollen, teilt uns doch gerne mit, wann ihr Zeit habt. Wir fänden es gut, wenn sich zumindest zwei Menschen finden, um gemeinsam dem Prozessgeschehen zu folgen, dies stärkt die Erinnerung an das Gesagte und ist vermutlich auch einfacher zu ertragen / verarbeiten.
Wer unsere ersten vier Infomails weitergeleitet hat, möge dies bitte mit dieser Mail dann auch tun. Vielen Dank.
Mit antifaschistischen Grüßen
Antifaschistische Aktion Lüneburg / Uelzen